Der Adler in der Heraldik

Der Adler gehört, zusammen mit dem Leoparden und dem Löwen, zu den häufig auf Wappen anzutreffenden Tieren. Schon in der Antike stand der Adler für Unsterblichkeit und irdische Macht. Die Eigenschaften des Adlers, wie z.B. auch Wachsamkeit oder Wehrhaftigkeit, sollten auf den Träger des Wappens übergehen.

Er wird sehr, sehr häufig als auffliegend dargestellt, von vorn zu sehen, zum Angriff bereit, den Kopf zur Seite gewendet, die Fänge (Krallen) gespreizt, die Flügel halb ausgebreitet.

Die Federn über dem Körper werden wie spitze Schuppen mit einer Rippe (Kiel) dargestellt. An den Flügeln sind wenige Federn gleichmäßig und symmetrisch ausgebreitet, zum Körper hin an Länge zunehmend, und bilden mit den Spitzen der Federn einen Halbkreis. Zwischen ihnen sind häufig feine, spitze Federn (Fäden) zu sehen.

Adler Wappen
Adler, bis zum 14. Jhd.
Bild nach:
Gert Oswald
Lexikon der Heraldik

Adler Wappen
Adler, ab dem 15. Jhd.

Am Hals des Adlers wurden in der Frühzeit der Heraldik links und recht zwei Fäden gezeigt, in der jüngeren Zeit eine Reihe gespreizter Federn. Der Schweif des Adlers ist häufig stilisiert dargestellt, mit einer abwärts ausgerichteten und wenigen symmetrisch seitwärts geschwungenen Federn.

Der Kopf des Adlers ist immer seitwärts gewendet, in der Frühzeit der Heraldik aufwärts sehend. Das Auge blickt wild und feurig, der Schnabel ist stark abwärts durchgebogen, dabei meist offen, mit ausgeschlagener Zunge.

Adler Wappen
Adler, ab dem 15. Jhd.
Bild nach:
Gert Oswald Lexikon der Heraldik


Adler Wappen
Adler, ab dem 16. Jhd.
Bild nach:
Gert Oswald Lexikon der Heraldik


Die Füße des Adlers sind immer unverhältnismäßig groß dargestellt, unbefiedert, mit einer Hinter- und drei Vorderzehen, wobei die Waffen (Fänge) stark gekrümmt aus den Zehen herauswachsen. Die unverhältnismäßige Größe kommt daher, weil der Platz des Schildes unter Vermeidung von Freiflächen möglichst dekorativ und ausgewogen gefüllt werden musste.

Adler Wappen
geschachter Adler, Mähren

Der Adler kann in allen Farben und den Metallen erscheinen (sogar geschacht), jedoch sind Schwarz, Rot und Silber am häufigsten anzutreffen. Die Waffen (Krallen) sind meist andersfarbig dargestellt. In der Heraldik sagt man tingiert (was farblich abstechend und flächig ausgemalt heißt). Jedoch wird am häufigsten Gold verwendet, sogar auf goldenem Feld und auch Rot ist oft anzutreffen.

Die Heraldik kennt nur sechs Farben: Rot, Blau, Grün und Schwarz (als Farben), und Gold und Silber (als Metalle):

(Durch klicken auf die Farben erreicht man Erklärungen zur jeweiligen Farbe)


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Später kamen noch einige andere Farben hinzu, etwa Purpur, Braun und Orange, oder solche Exoten wie Eisengrau, Aschefarben und Fleischfarben.

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Über den Leib – von Flügel zu Flügel – verläuft manchmal eine metallen eingefärbte, mit den Spitzen nach oben zeigende Sichel, deren Enden manchmal in Kleeblattform (Kleestengel) enden. Dieser Brauch könnte auf metallene Bügel zurückgehen, mit denen Adlerplastiken an Stangen oder auf Schilden befestigt wurden, oder es sind das Schild verstärkende Bügel gewesen, die sich auf das Wappen übertragen haben.

Adler Wappen
Adler, mit Metallsichel, Schlesien

Adler Wappen
Adler, mit Kleestengeln, Kleinpolen

Eine Besonderheit sind Stümmelungen, also nur Darstellungen von Adlerköpfen, Füßen oder Flügeln. Ein Paar von Flügeln wird „Flug“ genannt, ein einzelner Flügel „halber Flug“.

Flagge Fahne Preußen Dienstflagge
unheraldischer Adler,
Preußen, Dienstflagge

Adlerdarstellungen als fliegend, natürlich oder römisch gelten als unheraldisch, und werden deswegen nicht gesondert heraldisch beschrieben.

Die Anzahl der Köpfe des Adlers

Die Anzahl der Köpfe des Adlers spielt in der deutschen und russischen Heraldik eine wichtige Rolle. Der deutsche Adler geht auf die Adler der Römischen Legionen zurück, und steht letztlich für das Reich, verkörpert Beständigkeit, Recht und Macht.

Adler Legion Römisches Reich
Römischer Legionsadler

Das Römische Reich war im Jahre 395 in ein Ostreich und ein Westreich geteilt worden. Das Westreich ging 476 mit der Absetzung des letzten römischen Kaisers Romulus Augustulus unter, und aus dem Ostreich ging das Byzantinische Reich hervor.

Das im Jahre 800 gegründete Heilige Römische Reich Deutscher Nation sah sich selbst als Nachfolger des Weströmischen Reiches, und verwendete konsequenterweise den Adler als Symbol, so wie das Byzantinische Reich auch. Der Adler des Byzantinischen Reiches zeigte jedoch einen Adler mit zwei Köpfen, einer Stand für Rom, der andere für Konstantinopel.

Adler Doppeladler Byzantinisches Reich
Byzantinisches Reich

Adler Wappen Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation

Unter dem Ansturm der Türken begann das Byzantinische Reich zu Beginn des 15. Jahrhunderts allmählich zu zerfallen, 1453 fiel Konstantinopel und 1461 das letzte Restgebiet von Trapezunt. In dieser Situation sah sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation selbst als letzten Bewahrer römischer Macht, und verwendete ab 1433 den Adler mit zwei Köpfen, um die Übernahme des historischen Erbes auch des Oströmischen Reiches anzuzeigen.

Adler Wappen Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation, ab 1433

Das Russische Reich, das sich selbst durch die Orthodoxe Kirche als Erbe und Nachfolger des Byzantinischen Reiches sah, übernahm ebenfalls dessen Symbolik mit dem zweiköpfigen Adler. Nachdem das Heilige Römische Reich Deutscher Nation im Jahre 1806 durch Napoléon zerstört worden war, behielt Österreich, als die Hausmacht der ehemaligen habsburgischen Kaiser des Reiches das Wappen mit dem Doppelader bei, ebenso wie der Deutsche Bund (1815-1866), der dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nachfolgende Bund Deutscher Staaten.

Adler Doppeladler Wappen Kaiserreich Österreich
Kaiserreich Österreich

Wappen coat of arms Adler Deutscher Bund German Confederation
Deutscher Bund

Der russiche Doppeladler bekam – um die Fortsetzung der politisch-religiösen Mission als Nachfolger des Römischen Reiches zu wahren – nach dem Zerfall des Deutschen Bundes (1866), keinen dritten Kopf, allerdings eine dritte Krone. Ein deutlicher Hinweis auf die durch Russland selbst proklamierte Anspruchshaltung als „Drittes Rom“.

Quelle/Source: Volker Preuß, Katechismus der Heraldik, Lexikon der Heraldik

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