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Die einfarbig rote Flagge


Flagge, Fahne, einfarbig, einfarbige, flag, plain, monochrome, single, coloured, colored, rot, red


Einfarbig rote Flaggen waren Hoheitszeichen folgender Staaten: Hamburg, Malediven, Marokko, Spanisch-Marokko, Oman, Sansibar, Tripolitanien, Fudschaira, Abu Dhabi, Adschman, Dubai, Ras al-Chaima, Schardscha, Umm al-Qaiwain, Daba, Kalba, Katar, Kedah, Kokand, Ungarn, Hedschas, Kuweit

Einfarbige rote Flaggen haben eine lange Tradition und sind weit verbreitet, von den Küsten Arabiens, über Sansibar bis zu den Maldiven. Sie gilt als eine der Farben des Islam. Rote Flaggen haben bzw. hatten alle islamischen Dynastien, die sich auf die Herkunft von den Alawiten (auch Aliden genannt, Abkömmlinge Ali's) berufen (z.B. heute noch Marokko, früher auch in Nordjemen), oder auch die arabischen Emirate und Oman. Rot ist außerdem die Farbe von Omar, dem zweiten Kalifen.

Einfarbig rote Flaggen können ganz verschiedene Bedeutungen haben, die weit über das Thema Staats- oder Landesflaggen hinausgehen:

• Signalflagge B des Flaggenalphabets

• Am Badestrand warnt die rote Flagge: Vorsicht! Absolutes Badeverbot!

• Auf dem militärischen Schießplatz signalisiert die rote Flagge, daß mit scharfer Munition geschossen wird.

• Im 17. Jahrhundert konnte die schmucklose, rote Flagge als Obristenflagge eine Regimentes zu Fuß fungieren.

• Piraten forderten mit der ihrerseits aufgezogenen roten Flagge (siehe hierzu "Piratenflaggen" - "Joli Rouges") das bedingungslose Streichen der Flagge des Schiffes, das sie zu kapern beabsichtigten.

• Wie auch zu Lande die rote Flagge ankündigte, daß Blut fließen wird. Sei es, dass es der Belagerer dem Belagerten signalisierte, aber auch umgekehrt! Der Kampf wird bis zum letzten Blutstropfen geführt, es wird keinerlei Gnade geben.

• In früheren Jahrhunderten signaliserte die Obrigkeit mit dem zeigen der roten Flagge den Anspruch der ihr zustehenden Blutgerichtsbarkeit.

• So wie auch umgekehrt (nicht nur) die französischen Revolutionäre ab 1789 die "Blutgerechtigkeit" (so zumindest J.P. Marat) zur Abrechnung mit dem Adel forderten und die rote Flagge für sich beanspruchten.

• Im Zeitalter der Landsknechte sammelte sich unter der meist von einem Fähnrich/Fahnenjunker getragen roten "Blutfahne" der sog. verlorene Haufen, auch verlorene Rotte genannt. Sie waren Doppelsöldner, d.h. sie erhielten ein mehrfaches des Soldes und waren z.B. von Wachdiensten befreit. Aufgabe dieses Haufens war es, möglichst schon zu Beginn einer Schlacht mit großen "Bidenhändern" (große, mit beiden Händen zu führende Schwerter, auch "Gassenhauer" genannt), Hellebarden und Piken als Sturmtruppe durch die feindlichen Reihe "eine Gasse zu schlagen, durch die die eigene Armee dann durchbrechen konnte. "Sie gewärtigten keynerley Pardon, und erwarteten dergleychen nit !", so ein damaliger Chronist.

• Im amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) zeigte die rote Flagge die ambulanten Verbandsplätze an.

• Beim Armeekorps Hindman der konföderierten Armee von Tennessee markierten die schmucklosen, roten Flaggen den Standort der Brigadekommandeure.

• Die politische, partei-politische, revolutionäre, rote Flagge dürfte – neben dem schon bestehenden Symbolismus des Blutes, der Abrechnung, kein Erbarmen – auch auf die Französische Revolution zurückzuführen sein, da deren ganz radikale Anhänger, die sog. Jakobiner, als Kopfbedeckung gerne die "Phrygische Mütze" trugen, vor allem in einer Farbe: Rot, vor allem, um Royalisten, Adel und Kirche zu schrecken. Im alten Rom trug der freigelassene Sklave am ersten Tag seiner Freiheit diese Mütze, um der Öffentlichkeit seinen neuen, gesellschaftlichen Status als freier, gleichberechtigter, römischer Bürger zu zeigen. Und daraus wurde dann die rote Jakobinermütze. Im 19.Jahrhundert wurde die rote Farbe und Flagge sehr schnell zu dem Symbol der radikalen, politischen Linken in Europa (und in den USA zur Farbe der Republikaner – bis heute). Bei Demonstrationen, Kundgebungen, Aufmärschen sozialistischer, sozialdemokratischer, marxistischer Parteien, Verbände, sowie Gewerkschaften, war die einfache, schmucklose rote Fahne unentbehrlich. Plakate, Flugblätter, Abzeichen und Armbinden waren ebenfalls in rot gehalten. Nicht zu vergessen die Sammelbezeichnung für praktische alle Parteigänger der politischen Linken: "die Roten". Die Grenze zwischen Flagge und Transparent war bisweilen verwischt, wenn in – zumeist weißen – großen Buchstaben politische Losungen, Appelle, Forderungen, Parolen auf roten Bannern bei entsprechenden Veranstaltungen gezeigt wurden. Auf den Fahnen der jeweiligen Ortsvereine war der Name und der Standort der Organisation zu lesen. Praktisch alle Räte-Republiken ab 1917 führten zuerst die einfache rote Flagge als Staats-, Kriegs- und Nationalflagge. Als da waren: Sowjet-(=Räte-)Republiken in Rußland, Litauen, Ungarn, Baiern bzw. dann Bayern usw. Die Rote Armee war bis Warschau vorgedrungen, im Deutschen Reich tobte der Aufstand der roten (Ruhr-)Armee, außerdem gab es in Sachsen und Thüringen zeitweise "Sowjet"-Regierungen (aus KPD und SPD). Die kommunistische Weltrevolution blieb dann jedoch aus, Hammer und Sichel wurden zum Staatssymbol der Sowjet-Union und ihrer weltweiten parteipolitischen Hilfstruppen. Die sich als "Vorhut der Roten Armee" betrachteten. Infolgedessen benötigten Sozialdemokraten und demokratische Sozialisten optische Unterscheidungsmerkmale, um sich bei ihren Veranstaltungen vom bolschewistischen Totalitarismus zu unterscheiden. Deswegen wurden sehr oft nur einige wenige ausschließlich rote Fahnen gezeigt, die Mehrzahl zeigte – in aufgebrachten Buchstaben – den Namen der entsprechenden Organisation. Speziell die deutschen SPD führte ab 1931 die Fahne der überparteilichen "Eisernen Front" mit, drei große weiße Pfeile auf rotem Fahnentuch. Umso größer erschienen dann auf den Flaggen KPD (nebst deren Hilfstruppen) der fünfzackige gelbe Sowjetstern, Hammer und Sichel und die geballte Faust. Die Nationalsozialisten zeigten ebenfalls eine rote Flagge, worauf eine weiße Scheibe mit schwarzem Hakenkreuz zu sehen war. Nach dem 2.Weltkrieg wurden im entstandenen Ostblock die Wappen und Flaggen der einzelnen kommunistischen Staaten beibehalten, jedoch teilweise mit kommunistischen Emblemen versehen. An den staatlichen Feiertagen wurde neben der Nationalfahne mit der roten, schmucklosen Fahne geflaggt. Die kommunistischen Parteien behielten als Partei-Symbol bzw. -Flagge die rote Flagge – mit oft mit Hammer und Sichel – bei, egal ob sie den Lehren Lenins, Stalins, Mao Tse Tungs, Ho Chi Minhs oder Enver Hoxhas folgten. Nachdem sich Sozialdemokraten/demokratische Sozialisten mit ihrem Bekenntnis zur Demokratie, Marktwirtschaft und Privateigentum endgültig von der "Diktatur des Proletariats" verabschiedet hatten, verlor die rote Fahne, von den 1.Mai-Demos abgesehen bei diesen Vereinigungen immer mehr an Bedeutung.

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Quelle: Jürgen Kaltschmitt, teilw. Volker Preuß, nach:

Literaturangaben von Jürgen Kaltschmitt:

– T.Wise/G.Rosignoli, Flaggen und Standarten 1618-1900, München 1978
– R.Brzezinski/R.Hook, Die Armee Gustav Adolfs-Infanterie und Kavallerie, Königswinter, 2006
– R.Chartrand, Colonial American Troops 1610-1774 (3), Oxford 2002

zur gelben Hospital und roten Ambulanz-Flagge:
– R. Hodges Jr/ P.Dennis, American Civil War Railroad Tactics, Oxford 2009
– P. Katcher/R.Scollins, Flags of the American Civil War (2) Union, London 1993
– P. Katcher/M.Youens, The Army of Northern Virginia, London 1975

zur rot-schwarzen Flaggen der Anarcho-Syndikalisten und der National-Syndikalisten:
– J.M. Bueno, Uniformes Militares de la Guerra Civil Espanola en Color, Madrid 1971

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